
Covid-19 stellt die Welt auf den Kopf. Plötzlich ist ganz vieles sehr anders und es rüttelt an den menschlichen und gesellschaftlichen Grundfesten. Diese wie andere, zum Teil sehr persönliche Krisen wollen wir vermeiden. Nicht wenige verzweifeln an Krisen, für einige macht das Leben keinen Sinn mehr. Andere gehen als Sieger und stärker als zuvor aus ihnen hervor. Wie geht das?
Covid-19 hat vieles verändert, möglicherweise sogar sehr nachhaltig. Das Virus hat auch viele Entwicklungen dramatisch beschleunigt. Es ist typisch für Krisen, dass sie meist sehr plötzlich über uns hereinbrechen und wir darauf nicht oder nicht ausreichend vorbereitet sind.
Ich erinnere mich gerade an einen Trainer-Kollegen, der seit einer Verletzung bei einem Klippensprung querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Heute ist er renommierter Autor, Trainer und Speaker. Ich denke an Kristina Vogel, die seit einem Unfall beim Radrennen ebenfalls querschnittsgelähmt ist. Auch sie findet ins (sogar öffentliche) Leben zurück.
Das sind prominente Beispiele, von denen es im nicht-prominenten Bereich sicherlich ganz viele gibt. Dennoch gibt es auch ganz viele Beispiele, die Krisen nicht oder nicht dauerhaft überleben. Ich möchte heute die Frage beantworten, was Sie als Führungskraft für Ihre Mitarbeiter (und auch für sich selbst) tun können, um gut durch Krisen hindurch zu kommen und sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Hierzu zeige ich Ihnen fünf Schritte:
1. Krise verstehen
Der erste und aus meiner Sicht grundlegendste Schritt ist zu verstehen, was die konkrete Krise ist. Verstehbarkeit ist eines der neun Grundprinzipien Neurologischer Führung.
Eine Krise entsteht nicht durch ein äußeres Ereignis. Dies mag vielleicht die Initialzündung sein, ist aber noch keine Krise. Die Krise entsteht, wenn unsere Glaubenssätze und inneren Überzeugungen auf den Kopf gestellt werden. Während eines Trainings tritt zu Pausenbeginn eine Teilnehmerin auf den Balkon. Die innere Überzeugung ist, dass man auf einen Balkon gehen kann und dieser einen trägt. Doch das tat der Balkon nicht. Er stürzte samt Teilnehmerin in die Tiefe. Sie bliebt zwar weitgehend unverletzt, ging aber nicht mehr die Treppe hinauf ins erste Stockwerk. Die innere Überzeugung war verletzt. Das machte die Krise aus.
Vielleicht sagen Sie jetzt, das der abbrechende Balkon die Krise verursacht hat. Das macht die Teilnehmerin aber zum Opfer. Jetzt ist sie handlungsunfähig. Erst, wenn sie versteht, dass ihre ureigenen inneren Überzeugungen auf den Kopf gestellt wurden, wird sie handlungsfähig. An dem Balkon kann sie nichts ändern, schon gar nicht rückwirkend. Aber ihre Überzeugungen sind nicht in Stein gemeißelt. Jetzt versteht sie und kann handeln.
Wollen wir (oder unsere Mitarbeiter) gestärkt aus einer Krise hervorgehen, dürfen wir uns niemals als Opfer betrachten. Es sind nur unsere inneren Überzeugungen, die eine Krise erzeugen. Und die lassen sich ändern – was vielen nicht leicht fällt.
2. Emotionen und Gefühle wahrnehmen und beeinflussen
Wir Menschen haben den Eindruck, dass Emotionen und Gefühle automatisch entstehen und wir sie nicht beeinflussen können. Das ist das einfache Opferverständnis. Wir sagen „Das oder der hat mich geärgert.“ und wir sagen nicht, dass wir es selbst waren. Meist ärgern wir uns dann über unseren Ärger bzw. über unsere Emotionen. Damit machen wir sie noch schlimmer.
Hilfreich ist, Emotionen und Gefühle unbewertet wahrzunehmen. Wir nehmen wahr, dass wir uns einsam fühlen, weil wir von unseren Kolleginnen und Kollegen räumlich getrennt sind. Wir nehmen wahr, dass es uns unsicher macht, weil wir den Mitarbeiter oder die Chefin nicht mehr sehen.
Eine hilfreiche Kompetenz hierzu ist Achtsamkeit. In dieser Kompetenz trennen wir zwischen Reiz und Reaktion. Was auch hilft sind Sport und Meditation.
Inzwischen gibt es unendliche Möglichkeiten, die eigenen Emotionen zu beeinflussen. Machen Sie folgenden Versuch, wenn Sie einmal ärgerlich sind: Nehmen Sie einen Bleistift quer zwischen die Zähne und berühren sie ihn nicht mit den Lippen. Halten Sie ihn für mindestens zwei Minuten so. Ihr Ärger wird deutlich nachlassen. Sie sehen, Emotionen lassen sich beeinflussen.
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3. Mit anderen über die Krise sprechen
Vor vielen Jahren fuhr ich in Köln auf der Autobahn mein Auto zu Schrott. Ich selbst und auch andere blieben unverletzt. Aber ich hatte einen gehörigen Schock. Ich war auf dem Weg zu einer Chorprobe und später dort angekommen fragte mich jeder nach diesem Unfall und wie es mir ginge. Ich erzählte die Geschichte bestimmt fünfzehn- oder zwanzigmal. Als ich abends nach Hause kam, stand meine damalige Frau im Wohnzimmer – tränenüberströmt. Sie hatte sich unendliche Sorgen gemacht. Und das verstand ich nicht. Stimmt, ich hatte mein Erleben durch meiner Erzählungen bereits verarbeitet.
Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern über deren Krisen. Jetzt ist vor allem entscheidend, dass Sie zuhören können. Stellen Sie Fragen – aber nicht als Verhör. Hören Sie zu, nicken Sie, halten Sie Augenkontakt. Fragen Sie, wie es dem anderen geht. Halten Sie auch Redepausen des Mitarbeiters aus.
Gerade in der Corona-Krise mit Abstandhalten, Mund-Nase-Schutz und Home Office wird die Distanz größer. Viele Führungskräfte reduzieren die Kommunikation auf die fachlich-sachlichen Themen. Kaum jemand fragt die Mitarbeiter, wie es ihnen eigentlich geht. Damit verlieren Sie die emotionale Bindung und Ihr Mitarbeiter geht emotional in eine Abwärtsspirale. Deshalb sprechen Sie bitte häufiger über die persönliche Situation, ohne übergriffig zu werden. Zeigen Sie echtes Interesse.
4. Springen Sie in die Zukunft und erzählen Sie eine neue Geschichte
Spricht man mit erfolgreich aus Krisen hervorgegangen Menschen, dann erzählen Sie eine neue Geschichte über das Erlebte. Sie erzählen, dass ihnen der Unfall die Augen für das wirklich wichtige im Leben geöffnet hat. Der Tod eines geliebten Menschen rückte die gelebten Werte noch einmal gerade. Oder die Kündigung war der Tritt in den Allerwertesten, endlich mit der Selbstständigkeit zu beginnen.
Welches Narrativ (sinnstiftende Geschichte) werden Sie und Ihr Team 2022 über die Covid-Krise erzählen. Vielleicht war Corona die Chance, über die Art der Zusammenarbeit ganz grundsätzlich nachzudenken. Vielleicht war sie die Initialzündung, nun endlich auf das papierlose Büro umzustellen. Welche Erfolgsgeschichte erzählen Sie und Ihr Team über Covid-19?
5. Andere unterstützen
Wer lernen will, muss lehren. Diesen Satz möchte ich abwandeln: Wer stark sein will, muss andere stark machen. Oder: Wer erfolgreich sein will, muss andere erfolgreich machen.
Sie und Ihr Team gehen gestärkt aus einer Krise hervor, wenn Sie die ersten vier Schritte bewältigt haben und dann anderen helfen, deren Krisen zu bewältigen. Das verstärkt Ihren eigenen Prozess, lässt sie einzelne Schritte immer wieder reflektieren und die eigenen Stärken hautnah erleben. Damit werden Sie stärker und damit machen Sie andere stärker.
Was noch wichtig ist …
Bei allem ist auch wichtig, dass Sie akzeptieren, dass Ihre Mitarbeiter eine Krise erleben, die Sie selbst möglicherweise überhaupt nicht als Krise wahrnehmen. Da bricht für den einen eine Welt zusammen, weil der Hamster tot ist und wir überlegen, wo wir einen neuen bekommen. Leider findet genau das im übertragenen Sinne tagtäglich in den meisten Unternehmen statt. Bagetellisieren oder leugnen hilft jedoch niemanden, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Und vielleicht ist ja gerade der Tod des Hamsters eine gute Möglichkeit, dass Sie als Führungskraft den oben beschriebenen Prozess mit seinen fünf Schritten trainieren.
Stärken Sie Ihre Mitarbeiterin und Ihren Mitarbeiter in der Krise.
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Covid-19 sorgt dafür, dass Home Office zu einer alternativen Arbeitsform wird und sich zunehmend etabliert. Doch immer mehr wächst die Sorge, dass die emotionale Bindung zu den Mitarbeitern verloren geht. Die Identifikation des Mitarbeiters mit dem Arbeitgeber lässt dramatisch nach. Und Sie können kaum noch kontrollieren, ob der Mitarbeiter überhaupt noch seine Arbeit erledigt.
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